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Gesundheit Neurologie

50 Fakten über die Krankheit des Vergessens

Alzheimer betrifft Millionen – als Erkrankte, als Angehörige. Tausende Wissenschaftler beschäftigen sich mit ihr. Wie verändert sie den Menschen? Wann gibt es Hilfe?

Demenz ist der Überbegriff dafür, dass Menschen in ihrer geistigen Leistungsfähigkeit nachlassen und daher ihre alltagspraktischen Fähigkeiten verlieren. Sie haben beispielsweise keinen Überblick mehr über ihr Bankkonto, können die Geburtstage in der Familie nicht mehr behalten, keine Kino- oder Konzertkarten mehr kaufen. Das führt natürlich auch dazu, dass sie nicht mehr richtig am sozialen Leben teilnehmen; oft ziehen sich die Erkrankten zurück. Im weiteren Verlauf kann es dazu kommen, dass grundlegende Tätigkeiten wie das Kleinschneiden des Essens oder die Körperpflege nicht mehr bewältigt werden. Auch Schusseligkeit oder leichte Paranoia können ein Hinweis auf eine Demenz sein. Die Erkrankten verdächtigen dann etwa andere, Gegenstände versteckt zu haben – obwohl sie selbst es waren, die sie verlegt haben. Bei Alzheimer, einer Demenz-Unterform, ist das so, aber auch bei einer vaskulären Demenz oder anderen degenerativen Hirnkrankheiten. Bei Alzheimer führen Ablagerungen (sogenannte Plaques) im Gehirn dazu, dass die Nervenzellen absterben. Verschiedene Erkrankungen führen aber auf unterschiedlichem Weg zu einer Demenz. Es gibt mehrere Ursachen: Die vaskuläre Demenz beruht auf Durchblutungsstörungen im Gehirn, andere degenerative Demenzkrankheiten hängen mit dem Abbau von Gehirngewebe zusammen oder auch einem Hormon- oder Vitaminmangel.

In Deutschland haben 1,3 Millionen Menschen eine Demenzerkrankung, 2050 werden es wahrscheinlich doppelt so viele sein. Zwei Drittel dieser Demenzkranken leiden an Alzheimer. Pro Jahr werden etwa 120.000 neue Alzheimerdiagnosen gestellt. Weltweit sind derzeit 30 Millionen Menschen betroffen, im Jahr 2050 werden es Schätzungen zufolge 106 Millionen sein.

Generell erhöht sich das Risiko für Menschen ab 65 Jahren deutlich. Bis zum 85. Lebensjahr hat etwa ein Drittel der Menschen eine Form der Demenz. Die gute Nachricht ist aber, dass zwei Drittel der 85-Jährigen damit geistig fit sind. Zwei Drittel aller an der Alzheimerkrankheit leidenden Menschen sind über 80 Jahre alt.

Ja, aber das liegt nicht daran, dass sie anfälliger für die Krankheit sind. Sie werden nur im Durchschnitt älter als Männer – und der größte Risikofaktor ist nun einmal das Alter.

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Die Krankheit verläuft, grob vereinfacht, in vier Phasen. In der ersten Phase sind die Patienten oft aggressiv. Sie merken, dass sie Dinge vergessen oder verschusseln, und sind sauer auf sich selbst. Die Angehörigen bekommen oft gar nicht viel mit, da die Alzheimerkranken sich tausend Zettel schreiben, um alles irgendwie hinzubekommen. In der zweiten Phase merken sie dann, dass wirklich etwas mit ihrem Gehirn nicht stimmt, dass sie krank sind und nichts mehr klappt. Dann weinen die Patienten viel, sind unsicher, verwirrt und haben Angst. In der dritten Phase erkennen sie dann ihre Angehörigen nicht mehr. Sie wissen auch nicht mehr viel von sich selbst. Wenn sie viele Sprachen gesprochen haben, dann können sie sich nicht mehr daran erinnern. Sie sitzen stundenlang vor einem Teller mit Essen und wissen nicht, was sie damit machen sollen. Das, was sie früher als Person ausgemacht hat, bricht dann weg. Die Patienten bekommen das aber selbst gar nicht mit. Sie werden dann eher ruhig, sind ausgeglichen. Es ist ihnen egal, ob sie von Angehörigen oder von Pflegern versorgt werden. Für die Angehörigen ist dieser Moment sehr, sehr schwer. In der vierten und letzten Phase schließlich werden sie wieder wie Babys. Sie werden inkontinent, viele vergessen sogar das Schlucken oder Atmen. Wie lange die einzelnen Phasen dauern, ist individuell unterschiedlich.

Es gibt nicht den einen Blut- oder Gentest. Das sind meistens unseriöse Angebote. Die Diagnose Alzheimer setzt sich aus vielen Mosaiksteinchen zusammen: der neuropsychologischen Testung, der Einstufung der alltagspraktischen Fähigkeiten, einer Aufnahme in der „Röhre“, also im Magnetresonanztomografen oder im Computertomografen vom Gehirn, auf der man Veränderungen des Gewebes oder der Durchblutung erkennen kann. Und dann sollten auch die allgemeinen Blutwerte gemessen werden, ob die Demenzanzeichen nicht auch eine andere Ursache haben können. ?

Da gibt es mittlerweile ein sehr gutes Repertoire an Fragen, die die Ärzte den Betroffenen stellen. Es gibt zum Beispiel den sogenannten Minimal-Mental-Health-Test. Darin werden das Merkvermögen, das Sprachvermögen, die räumliche und zeitliche Orientierungsfähigkeit gemessen. In seiner Grundform kann man maximal 30 Punkte erreichen. Aber dieser Test ist nur einer von mehreren Tests, die zusammen ein Gesamtbild der Leistungsfähigkeit des Gehirns ergeben.

Tatsächlich kann man im Nervenwasser bestimmte, für die Alzheimerkrankheit typische Eiweiße, nämlich A-Beta- und Tau-Proteine, erkennen. Die Entnahme des Nervenwassers tut nicht so weh wie beispielsweise eine Knochenmarkspunktion. Im unteren Bereich der Wirbelsäule, wo die Flüssigkeit gefahrlos entnommen wird, verlaufen keine Nervenfasern.

Ja. An wenigen Zentren wird derzeit auch ein nuklearmedizinisches Verfahren angeboten. Dabei wird ein radioaktiver Stoff injiziert, der sich an die Plaques im Gehirn anlagert. Mit einer speziellen Kamera lässt sich dann erkennen, ob ein Mensch die typischen Ablagerungen im Gehirn hat – oder nicht. Diese Methode ist allerdings noch teurer als die Untersuchung des Nervenwassers.

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Einen einfachen und seriösen Bluttest gibt es nicht, obwohl einige Unternehmen solche Tests vermarkten.

Es gibt die sogenannten Acetylcholin-Esterase-Hemmer. Davon sind in Deutschland drei verschiedene Präparate zugelassen. Sie sollen den Abbau des Hirnbotenstoffs Acetylcholin im Gehirn verhindern. Ist dadurch mehr von diesem Botenstoff im Gehirn, bleiben die Zellen länger aktiv. Der Verlauf der Krankheit kann dadurch zwar nicht verhindert werden – aber die Patienten bleiben bis zu zwei Jahre länger auf einem einigermaßen gleichen Level. Wirksam ist auch der Stoff Memantine, der in den späteren Stadien der Demenz das Gehirn noch ein kleines bisschen aktivieren kann.

Dazu gibt es unterschiedliche Aussagen. Manche Studien kommen tatsächlich zu einem positiven Ergebnis – andere jedoch nicht. Bislang gibt es daher noch kein abschließendes Urteil. Schaden können Ginkgo oder Vitamin E aber nicht.

Sehr sehr selten. Die Patienten erkranken dann häufig vor dem 40.Lebensjahr. Aber sie machen weniger als ein Prozent der Alzheimerkranken aus. Drei verschiedene Gendefekte spielen bei dieser früh beginnenden Alzheimerkrankheit eine Rolle. Die Defekte finden sich im sogenannten Amyloid-Vorläufer-Protein-Gen und in den Genen Presenilin-1 und Presenilin-2. Man kann Patienten in Familien, bei denen Alzheimer gehäuft vorkommt, auf diese Genvarianten hin testen. Bei der nicht vererbten Alzheimer-Form, dem sogenannten sporadischen Alzheimer, kennt man ein Gen, das in einer bestimmten Variante Alzheimer fördern kann. Dieses Gen heißt Apo-E4.

Genau weiß man das noch nicht. Bei sehr wenigen Patienten ist die Krankheit klar vererbt worden, von den Eltern auf die Kinder. In manchen Familien kommt die Krankheit sporadisch vor: Eine Tante mütterlicherseits ist betroffen, ein Großcousin auf der väterlichen Seite. Auch der Urgroßvater war am Ende seines Lebens verwirrt. In diesen Familien gibt es keine Gene, die die Krankheit auf jeden Fall auslösen, sondern es gibt Erbmerkmale, die sie unter bestimmten Bedingungen begünstigen. Das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, ist in diesen Fällen aber nur leicht erhöht im Vergleich zu Familien, in denen keine Fälle aufgetreten sind.

Das weiß man bis heute noch nicht endgültig. Es gibt verschiedene Hypothesen. Die Amyloid-Hypothese ist unter Forschern am meisten verbreitet. Dabei geht man davon aus, dass die sogenannten Eiweiß-Plaques aus Amyloid-A-Molekülen sich im Gehirn anreichern und vom Immunsystem nicht entfernt werden können. Diese Ablagerungen führen dann zu einem kaskadenartigen Sterben der Nervenzellen. Dadurch werden dann die Beeinträchtigungen im alltäglichen Leben ausgelöst – später Gedächtnisverlust, Persönlichkeitsstörungen und sogar der Verlust der Persönlichkeit.

Ja. So befinden sich im Gehirngewebe auch noch sogenannte Tau-Proteine. Das sind ganz dünne Fasern, die sich in sterbenden Nervenzellen anhäufen. Auch ein verändertes Verhalten der Kraftwerke der Nervenzellen, der Mitochondrien, scheint an der Zerstörung des Hirnzellgewebes beteiligt zu sein. Was genau aber wann und wieso passiert, ist noch längst nicht geklärt.

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Dafür gibt es bislang keine Hinweise. Wenn es einen Alzheimer auslösenden Stoff gäbe, sei es in der Nahrung, in der Medizin oder in der Umwelt, dann müsste sich eine Häufung der Erkrankung in bestimmten Bevölkerungsgruppen feststellen lassen.

Diese Hypothese ist sehr aktuell. Ihre Anhänger gehen davon aus, dass sich die Amyloid-Proteine falsch falten und so zu sogenannten Prionen werden. Dadurch stiften sie andere Proteine in ihrer Umgebung dazu an, sich ebenfalls falsch zu falten. Es ist weder bewiesen, dass diese Hypothese stimmt – noch, dass sie nicht stimmt.

Seit etwa zehn Jahren gibt es die Idee, dass man gegen Alzheimer einen Impfstoff entwickeln könnte. Mittlerweile sind weltweit etwa 10000 Alzheimer-Patienten in wissenschaftlichen Studien geimpft worden. Die Idee stammt aus dem Tiermodell: Hier hat man herausgefunden, dass man das Immunsystem so aktivieren kann, dass es die schädlichen Ablagerungen im Gehirn „wegputzt“. Zwei Ansätze gibt es da – die passive und die aktive Impfung. Bei der passiven Impfung bekommt der Patient über ein Jahr alle vier Wochen eine Infusion mit Antikörpern. Diese finden im Körper die Plaques und sorgen für ihre Entfernung. Zwei verschieden passive Impfstoffe werden gerade in Phase-III-Studien auf ihre Wirksamkeit geprüft. Bei der aktiven Impfung wird das Immunsystem der Patienten „aufgeweckt“. Diese Studien sind aber noch im Phase-II-Stadium, wären aber, sollten sie sich als wirksam erweisen, eine Methode zur Alzheimer-Prophylaxe. Der Stand dieser Studie ist, dass man weiß, dass das Prinzip funktioniert. Man muss aber ganz genau kontrollieren, ob sie wirklich auch helfen.

Ein ungesunder Lebensstil scheint Demenzen zu fördern. Also beispielsweise Übergewicht, ein zu hoher Blutzuckerspiegel oder Bewegungsmangel. Man kann sich allerdings nicht speziell vor Alzheimer schützen. Ein gesunder Lebensstil aber schützt alle Organe des Körpers und eben auch das Gehirn vor vorzeitigem Altern. Das Risiko an Alzheimer zu erkranken steigt drastisch mit dem Altern – und das können wir nun mal nicht verhindern. Was neben einer gesunden Lebensweise schützt, sind offenbar Bildung und gute soziale Kontakte.

Ja, das ist möglich – man kann durch eine Gehirnwasseruntersuchung die Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer zu erkranken, bestimmen. Die mit Alzheimer einhergehende Stoffwechselstörung ist dort nachweisbar, und zwar Jahre bevor es zur Erkrankung kommt.

Nein, bislang konnte man keinen Zusammenhang zwischen Ernährung und Erkrankung feststellen. Auch eine rein vegetarische Lebensweise oder auch das Leben auf dem Land schützen offenbar nicht vor einer Demenz. Eine Zeit lang glaubten viele auch, bestimmte Rheumamittel oder Östrogene könnten vor Alzheimer schützen – ein Irrglaube.

Ja. Es gibt die sogenannte Nonnenstudie in den USA. Dabei wurden von 1986 an 600 Nonnen im Alter von 76 bis 107 Jahren auf ihre körperliche und geistige Gesundheit hin untersucht und ihre sozialen Aktivitäten aufgezeichnet. Nach ihrem Tod wurden ihre Gehirne untersucht. Der Vorteil dieser Studie: Die Nonnen hatten einen sehr ähnlichen Lebensstil. Der Forscher David Snowdon von der University of Kentucky stellte dabei fest, dass die typischen Alzheimerablagerung auch in den Gehirnen von Nonnen gefunden wurden, die keinerlei Gedächtnisprobleme hatten.

Die Nonnen hatten einen sehr vergleichbaren Lebenswandel – und vor allem waren sie alle bis zu ihrem Tod in der Gemeinschaft sozial aktiv. Es scheint also so zu sein, dass ein klarer, geistig und sozial anregender Lebensstil dem Ausbruch der Demenz vorbeugt. Trotz der Plaques waren die Nonnen geistig fit.

Das ist schwer zu sagen. Zu den großen naturwissenschaftlichen Alzheimer-Kongressen kommen oft über 5000 Teilnehmer aus aller Welt zusammen. Aber das sind natürlich nicht alles Forscher – und nicht alle Forscher kommen zum Kongress. Zudem hat die Krankheit auch viele Aspekte, die nicht von den Naturwissenschaften behandelt werden. Wenn man nur für die Naturwissenschaften spricht, also vor allem für die Grundlagenforschung, gibt es sicherlich weit über 10000 Wissenschaftler, die sich mit der Krankheit beschäftigen.

In der Alzheimerforschung gibt es viele verschiedene Medikamentenstudien. Manche Wirkstoffe scheinen im ersten Anlauf sehr vielversprechend, scheitern dann aber, wenn man die Zahl der Patienten erhöht. Das liegt vor allem daran, dass es nach wie vor sehr viele Unbekannte bei dieser Krankheit gibt. Und die Menschen und ihre Lebensweisen sind eben nicht homogen. Es gibt sogar Forscher, die sagen, dass Alzheimer nicht gleich Alzheimer ist – dass wir es also mit einem Sammelsurium von Krankheiten zu tun haben, die alle die typischen Plaques zur Folge haben.

Das weiß niemand. Es gibt Experten, die hoffen, innerhalb der nächsten zehn Jahre einen Impfstoff oder ein wirksames Medikament zu finden. De facto gab es solche Stimmen aber auch schon vor zehn und vor zwanzig Jahren. Manchmal kann es in der Forschung sehr schnell gehen – wenn ein entscheidendes Puzzleteil zum Verständnis des Gesamtbilds der Krankheit gefunden wird. Aber wann man dieses Puzzleteil findet – und ob es überhaupt eines gibt –, weiß bislang keiner.

Weil die Lebenserwartung dort viel niedriger ist. Man muss schon über 65 Jahre alt werden, damit eine Demenz offenbar wird. Das ist in vielen armen Ländern nicht häufig der Fall.

Wenn eine Demenz vorliegt, sollte man es sich nicht zum Ziel machen, völlig neue Dinge, wie zum Beispiel eine Sprache, lernen zu wollen. „Kontinuität“ und „Stabilität“ sind Schlüsselwörter. In der Pflege wünscht man sich auch, dass immer dieselbe Pflegerin den Patienten behandelt, dass der Tagesablauf möglichst unverändert abläuft. Alles Neue verwirrt die Patienten und kann auch Angst auslösen.

Es ist gut, wenn man es weiß und Verständnis dafür hat, dass der Betroffene manche Dinge nicht mehr kann. Allerdings muss man aufpassen, dass man nicht anfängt, die Patienten zu bevormunden. Wenn ein Patient etwa den Wohnungsschlüssel an seinem Haken nicht mehr findet, sollte man ruhig anbieten, auch mal nach dem Schlüssel zu suchen. Man sollte versuchen, das Selbstbewusstsein des Patienten nicht zu untergraben.

Überraschenderweise gehen bei einer Demenz vor allem die sogenannten deklarativen Funktionen verloren. Das heißt, die Erkrankten können keine Fakten mehr lernen oder abrufen. Prozedurale Fertigkeiten dagegen wie etwa Fahrradfahren, Schwimmen, Singen, Autofahren oder Tanzen können die Patienten auch noch in späteren Stadien einer Demenz.

Natürlich. Es gibt zum Beispiel die Musiktherapie. Demenzkranke können oft sehr lange noch Lieder, die sie in ihrer Jugend gesungen haben, bis zur letzten Strophe singen. Wenn sie noch dazu tanzen können, werden dabei sogar ihr Herz-Kreislauf-System und ihre Motorik angeregt. Beides ist gut, um den Körper gesund zu halten. Und es stärkt auch das Selbstbewusstsein der Patienten. Hinterher sind viele Patienten dann auch ruhiger.

Gerade in den späteren Phasen ist es sehr wichtig, sie dazu zu bringen, mitzuarbeiten. Das hilft ihnen selbst – und den Angehörigen. Am besten geeignet ist das biografische Arbeiten. Man zeigt den Patienten beispielsweise Fotos, die sie an frühere, glückliche Phasen ihres Lebens erinnern. Einem ehemaligen Reiter kann man Pferdefotos zeigen. Oder man kramt Bilder aus der Kindheit oder von weit zurückliegenden Urlauben heraus. Oft bessert sich dadurch die Stimmung und auch die allgemeine Verfassung des Patienten.

An einer seltenen und sehr speziellen Form können auch junge Menschen erkranken. Der jüngste bislang bekannte Alzheimerpatient bekam seine Diagnose mit 27 Jahren und starb mit 33. Er hatte die erbliche Form von Alzheimer und starb an den Folgen der Krankheit.

Das ist unterschiedlich. Wird die Diagnose schon sehr früh gestellt, kann man gut noch fünf oder sogar zehn Jahre leben. In einzelnen Fällen haben Alzheimerkranke 20 Jahre gelebt, der Durchschnitt liegt bei sieben Jahren.

Im Gehirn sterben irgendwann die Zellen ab, die die Schluck- und Hustenregulation steuern. Die Menschen verschlucken sich dann häufiger, bekommen leichter eine Lungenentzündung. Manche stürzen auch, weil ihre motorische Koordination nicht mehr so gut funktioniert. Infektionen kommen häufig vor. Alzheimerkranke sterben oft an einer Folgeerkrankung, nicht am Verlust der Nervenzellen selbst.

Wenn es sich um eine echte Alzheimererkrankung handelt, dann ist eine Heilung ausgeschlossen. Bei Demenzen, die beispielsweise durch eine Vergiftung, eine Durchblutungsstörung oder durch einen Vitaminmangel ausgelöst worden sind, kann es aber zu einer schnellen Besserung der Symptome kommen.

Im frühen Stadium schon. Nur lassen mit der Zeit die Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit sowie das Orientierungs- und Urteilsvermögen nach. Wer unsicher ist, ob er noch fahren kann oder das Auto doch besser stehen lässt, kann sich testen lassen: Immer mehr Fahrschulen bieten Fahrtauglichkeitstests für Senioren an – das ist eine gute Möglichkeit.

Generell wird Alzheimer zunehmend besser akzeptiert – wobei die Aufklärung in städtischen Gegenden möglicherweise höher ist als auf dem Land. Man muss natürlich auch bedenken, dass es in Städten leichter ist bei Verdacht auf Alzheimer oder einer anderen Form von Demenz einen spezialisierten Arzt zu finden.

Wahrscheinlich ist das eher das Wunschdenken der Angehörigen. Wissenschaftlich hart belegt wurde dieses Phänomen nicht, es ist also wahrscheinlich nicht die allgemeine Regel.

Ein geregelter Tagesrhythmus ist das Wichtigste. Um den Patienten den Alltag zu erleichtern, sollte alles beschriftet werden. Viele Patienten können noch sehr lange lesen – auch wenn sie irgendwann die Bedeutung der Worte vergessen. Vor allem benötigen sie das Gleiche wie kleine Kinder: Liebe, Liebe, Liebe.

Es ist wichtig, dass man die Patienten beschäftigt. Wenn ein Alzheimerkranker nur zu Hause sitzt und nichts zu tun hat, dann schreitet die Krankheit häufig schneller voran. Deshalb ist Stimulation, sei es durch gemeinsames Singen, Tanzen, durch Rätselraten oder Basteln, sehr wichtig. Viele Patienten können keinen vollständigen Satz mehr sprechen – dafür aber Lieder von der ersten bis zur letzten Strophe richtig singen.

Pro Jahr kostet die Pflege eines Patienten durchschnittlich 43.000 Euro. Manche gehen sogar von Kosten bis zu 90.000 Euro aus. Zwei Drittel der Kosten für die Betreuung, Pflege, Therapie und Medikamente tragen die Familien selbst. Den Rest übernehmen Pflegeversicherung und Krankenkassen.

Weil sie verunsichert sind. Ihre Welt passt mit der realen Welt nicht mehr zusammen. Man sollte versuchen, sich hineinzufühlen, warum sie so reagieren. Oft kann man über gezieltes Fragen und über Ablenkungen ihre Stimmung bessern. Ein Beispiel: Wenn eine Patientin in einem Pflegeheim plötzlich aus der Küche den Geruch von Essen riecht, der sie an ihre glückliche Kindheit erinnert, will sie möglicherweise dorthin. Ihre Mutter hat das Lieblingsessen fertig. Warum sollte sie also nicht hinlaufen? Ein Pfleger sieht auf dem Flur aber eine Patientin, die sich unbeaufsichtigt in Richtung Küche bewegt. Will er sie einfach wieder in ihr Zimmer zurückbringen, verwirrt das die Frau, sie wird vielleicht aggressiv.

Der Pfleger muss in dem beschriebenen Fall etwa versuchen, die Situation zu verstehen. Er muss erkennen, warum die Frau zur Küche will. Er wird, wenn er aufmerksam ist, Geruch oder auch Geräusche aus der Küche wahrnehmen und könnte fragen, ob sie das Gericht gern mag, wann sie es meist gegessen hat, und sie so in ein Gespräch verwickeln. Dadurch entspannt sich die Situation. Um so mit Patienten umgehen zu können, muss man natürlich auch etwas von seinem Leben wissen – und ständig überlegen, warum er wie reagiert. Das kann sehr anstrengend sein – aber es lohnt sich.

Ja. Wenn Kindergartenkinder in einer Tagespflegestätte vorbeikommen, ist es interessant, zu sehen, wie viel leichter sie mit Demenzkranken umgehen. Wenn bei den Patienten beim gemeinsamen Basteln irgendwas nicht mehr schnell und richtig funktioniert, helfen die Kinder ihnen auf eine ganz natürliche, unkomplizierte Weise. Sie sind auch viel geduldiger als erwachsene Angehörige.

Jeder sollte sich so früh wie möglich Hilfe holen, sei es in einer Tagesstätte, in der Familie, in einem Heim, einer Demenz-WG oder durch Pflegekräfte, die ins Haus kommen. Denn wirklich wichtig ist es, dass die Angehörigen gut funktionieren. Wenn sie aber ihr soziales Umfeld aufgeben, sich selbst nur noch in der Pflege verausgaben, dann stehen sie es nicht durch. Viele Pflegende vergessen das – und erleiden dann irgendwann selbst einen Zusammenbruch.

Der Moment, in dem die Patienten sie nicht mehr erkennen, ist für viele Angehörige ein entsetzlicher Moment. Sie werden oft auch vorher schon ungeduldig, wenn das Alltägliche nicht mehr klappt. Frauen kommen in der Regel ein wenig besser mit der Krankheit ihres Mannes klar als Männer mit der Krankheit ihrer Frau. Es bereitet den meisten Menschen große Probleme, mit der Demenz eines Angehörigen umzugehen. Besonders schlimm wird es oft, wenn die Patienten in der letzten Phase auf den Stand eines Babys zurückfallen und Windeln tragen müssen. Es ist schwer zu akzeptieren, was mit dem Angehörigen passiert.

Selbsthilfegruppen können eine große Hilfe sein, wenn man einen Alzheimerkranken in der Familie hat. Ängste, Frustrationen und Unsicherheiten können hier besprochen und aus der Welt geschafft werden. In jeder mittelgroßen Stadt gibt es mittlerweile Selbsthilfegruppen, deren Adressen man über die Deutsche Alzheimer-Gesellschaft bekommen kann.

1901 beschrieb der Psychiater und Neuropathologe Alois Alzheimer den Fall seiner Patientin Auguste Deter. Sie war 50 Jahre alt und in der Frankfurter Nervenklinik aufgenommen worden. Auguste Deter litt unter starken und zunehmenden Gedächtnisstörungen und starb schließlich im Jahr 1906. Alois Alzheimer untersuchte nach ihrem Tod ihr Gehirn und stellte dort die charakteristischen Ablagerungen fest. Er veröffentlichte seine Befunde – und die Krankheit wurde nach ihm benannt.

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